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Literatur

Jakob von Gunten / The Fool

The Fool. Tarotkarte von A. E. Waite.
Robert Walser: Jakob von Gunten.

6 Antworten auf „Jakob von Gunten / The Fool“

Diese Träume, so real, daß man eigentlich vom geträumten Theaterbesuch noch den Garderobenzettel haben müßte, von denen aber beim Aufwachen nur das Gefühl geblieben ist, man sei gerade aus einer abgrundtiefen Welt emporgestiegen, und man weiß nur noch vage, warum man die Sehnsucht hat, dorthin zurückzukehren; Träume von unermeßlicher Ausdehnung in Zeit und Raum. Ich erinnere mich an eines der Prosastücke von Walser, das „Die Verlassene“ hieß, und mir war, als hätte er einen dieser Träume genauestens protokolliert.

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Die Prosastücke von Walser haben allerdings eine merkwürdige Zeitlosigkeit. Es ist die Geschichte von einem träumenden Wanderer zwischen Wiesen und Wälder und von einem Flaneur, der in den Strassen von Schaufenster zu Schaufenster geht und über die Interieurs von Gaststätten reportiert. Sehr schön ist in diesem Zusammenhang auch jenes Bild, das Carl Seelig in seinen „Wanderungen mit Robert Walser“ überliefert hat.

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Danke für den Hinweis auf Seelig, Platz ist freigehalten dafür. Ich bin einmal einer jungen Dame begegnet, die sich mit Walsers Mikrogrammen beschäftigte und darüber dann auch ein 500 Seiten starkes Werk publiziert hat, 2010. Das muß ich auch noch lesen. Da ich jetzt gerade „Life“ von Keith Richards lese, zur selben Zeit erschienen, konkludiere ich, daß ich zu jeder Party 14 Jahre zu spät komme.

Anyway, bei Interesse: -> Kirsten Scheffler

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Danke für den Link! Es gibt ja einige Leute, die sich mit dem Werk von Robert Walser beschäftigt haben. Ich denke hier erst mal an Bernhard Echte und Werner Morlang, die Entzifferer und Herausgeber der vierbändigen Ausgabe „Aus dem Bleistiftgebiet“, dann auch an Jürg Amanns literarische Walser-Biografie und seinen Roman „Verirren oder Das plötzliche Schweigen des Robert Walser“.

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Morlang und Echte gehören mit Champollion zum Hochadel der Entzifferer. „Heute hat Fräulein geweint. Warum? Mitten in der Schulstunde stürzten ihr plötzlich die Tränen aus den Augen. Das berührt mich seltsam. Jedenfalls werde ich die Augen offen behalten. Es macht mir Spaß, auf irgend etwas, was keinen Ton geben will, zu horchen. Ich passe auf, und das verschönert das Leben, denn ohne aufpassen zu müssen, gibt es eigentlich gar kein Leben.“ – Kafka pflegte ja periodisch in Max Brods Wohnung zu stürzen, wenn er eine besondere Entdeckung gemacht hatte, und „Jakob von Gunten“ war so ein Anlaß. Auch die Prosastücke liebte Kafka ungemein. Die Passage in „Jakob von Gunten“, in der das Fräulein in die inneren Gemächer führt, gehört für mich zum Schönsten, was es in deutscher Sprache gibt.

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