Eisfee, Mantel aus Kristallen, „Versuch nur, zu entkommen“, sagte sie, ihr Lächeln schneidend wie Diamant. Ich folge dem Glanz ihrer Geschmeide, ich bin ihr geschmeidiges Gefolge. Hans Keller verehrt Siouxsie zwischen „The Scream“ und „Join Hands“ in Sounds: „… erotische Blässe, gekonnt ungeordnetes schwarzes Haar, ‚Shiny Boots Of Leather‘, Make-Up, stark konturiert geschminkte feuerrote Lippen (auf das Gesicht geklebt wie der Mund einer Comic-Heldin), Entschiedenheit, Bestimmtheit, Kühle, mitunter Kälte (…)“, und befindet: „Alles an ihrer Erscheinung drückt souveränes Für-sich-stehen aus.“
Souveränes Für-sich-stehen: das galt auch immer für die Band, mit ihrer dramatischen Vermengung von eroticism & mystery. Punk hieß vor allem, darauf zu bestehen, daß alle Wege offen sind, was Siouxsie & The Banshees seit Bromley Contingent-Tagen schon x-mal bewiesen haben, als im Mai 1984 „Dazzle“ erscheint, im Juni dann das Album „Hyaena“, über das HJ Günther in tip schrieb, dies sei Musik „von formal höchstem Organisationsgrad, die ihren besten Trumpf konsequent ausspielt: Die Raffinesse eines unnachahmlich komplexen Klangfarbenreichtums.“
The stars that shine and the stars that shrink: für „Dazzle“ engagieren Siouxsie & The Banshees die Chandos Players, eine 27köpfige Sektion des London Symphony Orchestra, das Streicher-Intro läßt uns Zeit und Raum durchqueren in einem wehmütigen Tagtraum, dann explodiert alles, a psychedelic wall of sound, manisch, majestätisch. Jemand bebilderte „Dazzle“ für ein Video mit Szenen aus Kubricks „2001 – A Space Odyssey“: Jupiter und dahinter die Unendlichkeit. Auch wenn du im Nebel durch die Trümmer gehst, immer sind über dir die Sterne, fern erhoffte Süße und verklärte Nacht. Budgies pounding drums, Robert Smiths Gitarre ein goldenes Ornament im Dunkel, ein Muster, das den ganzen Himmel ausfüllt, Siouxsie singt mit gewohnter Autorität und doch führt sie die Banshees in ein Reich, das ich Pop perfection nennen würde, wenn die Welt und ich unter „Pop“ dasselbe verstünden. Paul Mathur beschrieb im Melody Maker einmal nahezu als Daseinsform der Band: „to wrench beauty from the oddest of places“.
„Dazzle“ ist von grandioser, steinerweichender Schönheit.
„I’ve always been interested in things that hypnotise.“ (Siouxsie)

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