

Celestine:
Queen? Bitte Kandidatinnen nennen.
Christian Erdmann:
Alison Goldfrapp. Kann sagenhaft singen, kann sagenhaft sexy sein, kann nicht von dieser Welt sein, kann enigmatische Texte machen, kann Filmmusiken für noch nicht existente Filme machen, kann Videos machen, die man hier nicht posten kann, weil Kinder zugucken.

Celestine:
Meine Youtube-Wiedergabe funktioniert nur fragmentarisch, was mich sehr irritiert, und auch von diesen Clips konnte ich nur eine Version hören – „Lovely Head“, aber es war genug: Die Musik, die sie macht, ist wirklich einzigartig; der Song sehr melancholisch, aber avantgarde und experimentell zugleich – eine seltene Mischung. Sie hat eine wunderschöne Stimme, sie sieht gut aus = sie hat alle Voraussetzungen. Wenn alles andere, was sie macht, ähnlich gut ist, kriegt sie 10 Punkte von mir. Nach meiner Einschätzung wird sie jedoch keine „Queen“ für ein Millionenpublikum sein, sondern eine ganz spezielle Nische im Musikgeschäft besetzen, für die, die das Besondere erkennen und lieben.
Christian Erdmann:
Das erste Album „Felt Mountain“ ist so, wie Ihnen „Lovely Head“ erschien: sehr melancholisch, avantgarde, experimentell. Der Nachfolger „Black Cherry“ hatte auch diese Qualitäten, aber mit „Train“ und „Twist“ ging es schon in die Richtung, die dann mit „Supernature“ weiter kultiviert wurde – ein immer leicht oder schwer lasziver, oft obsessiv wirkender Synth-Glam, der Marc Bolan durch Barbarella ersetzt, doch es bleibt stets diese mysteriöse Qualität an Goldfrapp-Songs, etwas, das oberflächlich kühl wirkt wie ein Kubrick-Film, tatsächlich aber hitzig, schwül, dramatisch und pervers ist. Goldfrapp-Songs führen, in oft makelloser Schönheit, zur Wahrnehmung einer Ebene hinter der offensichtlichen Ebene, sie haben dieses Je ne sais quoi, nicht nur in Alison Goldfrapps Stimme, von der es ehedem bei laut.de hieß: „Hinzu kommt Alisons schaurig schöne Vokalakrobatik. Man muss schon genau hinhören, um zu erkennen, dass da an mancher Stelle kein Sampler am Werk ist, sondern sich die Gute in unglaubliche Höhen hinaufschraubt.“ – Der Versuch, den Sound der Band zu beschreiben, hat an der Universität Bristol schon akademische Würden eingebracht. Und während Björk irgendwann nur noch nervt, weiß man, wenn man aus einem Goldfrapp-Album wieder auftaucht, partout nicht, wie man hierher gekommen ist und wieviel Zeit vergangen ist, seit dieser Fahrstuhl einen in den 13ten Stock eines 12stöckigen Hauses gebracht hat.
Göttin der einsamen Tränen, die nur der Spiegel sehen darf. Alison Goldfrapp eignet diese Marlene-Dietrich-Mischung aus geheimnisvoller Sphinx und Bodenständigkeit („Kochen mit Alison Goldfrapp“).
[SPIEGEL ONLINE Forum „Elvis – immer noch der King?“, 09/2007]

„Wie sich zeigt, kann man tatsächlich das Gefühl haben, die eigenen Augäpfel würden aus den Höhlen hervortreten.“ (David Foster Wallace)



