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02/2009
School of Seven Bells: Name einer legendenumwobenen Akademie für Taschendiebe im Südamerika der 80er, deren Existenz ein Mythos sein könnte. Name eines Trios, bestehend aus Benjamin Curtis, Ex-Secret Machines, und den Zwillingsschwestern Alejandra und Claudia Deheza. Hier geht es um Fragen wie: wie wirklich ist das Traumreich, und wie weit kann man das Geschehen dort steuern oder beeinflussen. Eine der Schwestern versteht die Seven Bells als sieben Köpfe, und die Tracks der Band als Botschaften zwischen diesen imaginären Sieben. Kann man dazudenken, man kann sich aber auch einfach so betören lassen.
„Alpinisms“ erschien Ende Oktober 2008, der Guardian beschreibt die Musik als „ethereal dronerock“ und „Krautrock Cocteau Twins“. Weitere Fundstücke: gleichermaßen mittelalterlich wie futuristisch, verwirrende Höhen und klaustrophobische Tiefen, kryptische Metaphorik plus Technologie, gekonnt verdrehter Sirenengesang-Powerpop, alpine Engel in Schuluniformen, Esoterik in der akribischen Konzeption wieder auseinandergeschraubt, Größe behauptet und bewiesen, kristalliner Zauber, meditativer Strudel, Psychedelik in ätherischen Ölen, stereoskopisches Stimmenmantra, transzendentalste Durchschlagskraft seit Ravi Shankar. Und, sehr wichtig: „Weder inszenierte Entrücktheit, noch pathosschwangeres Ganz-nah-ins-Mikro-Hauchen“ (ah Hölle), „und trotzdem pure weibliche Verlockung“ (BR-Online).
7/2010
Vor einer Woche erschien „Disconnect From Desire“, zweites Album von School of Seven Bells. Die kristallklaren Engelsstimmen sind nur aufgrund irgendeiner kosmischen Zerstreutheit hier. Ich bin süchtig nach diesem Dante Gabriel Rossetti drone.
01/2011
School of Seven Bells: „Disconnect From Desire“. Der stereoskopische Flug durch Kristallpaläste, den andere als Melodieführung der Stimmen der Zwillinge Deheza bezeichnen würden, endet hier bei einer existentialistischen Audrey Hepburn in einem japanischen Teehaus. Mit anderen Worten, die entrückte Schönheit ist einerseits zugänglicher geworden, andererseits hat man immer noch Skrupel, dabei überhaupt zu atmen. Yugen, wie man in Japan sagt. Subtile Tiefe, aber so fern und geheimnisvoll, daß daraus kein Blick in eine menschliche Seele wird. Disconnect from Desire? Hab lange auf sowas gewartet: das Ätherische wirklich ätherisch und nicht nerviges Pseudoelfengezirpe, wirkungsvoll angetrieben von einem, der sich mit Geheimen Maschinen auskennt.
03/2012
„Ghostory“ von School of Seven Bells bleibt der schönste Spuk derzeit.
„The Night“ bei Fallon habe ich jetzt wohl 98mal gesehen, weil es wahrscheinlich der Moment ist, in dem Alejandra Deheza mit ihrem betörend erschreckten Blick und Curtis fühlen, wie traumhaft ihr Schiff auf den Wellen tanzt, obwohl eine Schwester über Bord gegangen ist, und wohin die Reise jetzt geht. Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses von „Ghostory“.
Benjamin Curtis verstarb am 29. Dezember 2013 im Alter von 35 Jahren.
Ten years gone. Rest in peace.