Inspiriert von der #MeToo-Bewegung, der auch nichts erspart bleibt, hat Clare Gannaway, Kulturschänderin Kuratorin der Manchester Art Gallery, das Gemälde Hylas and the Nymphs von John William Waterhouse abhängen und aus dem Ausstellungsraum namens In Pursuit of Beauty entfernen lassen. Postkarten dieses Gemäldes, das zu den berühmtesten der präraffaelitischen Malerei zählt, sind im Museumsshop nicht mehr erhältlich. Zu sehen ist (war) Hylas, Geliebter des Herakles und als Argonaut dessen sidekick, kurz bevor sieben Nymphen ihn kidnappen. Hylas und die Nymphen wurden ersetzt durch eine Mitteilung Gannaways über ihre Intention: „to prompt conversations about how we display and interpret artworks“. Ziel der Entfernung des Gemäldes sei es, eine Debatte auszulösen, nicht etwa, Zensur auszuüben. „It wasn’t about denying the existence of particular artworks.“ Es geht also immerhin nicht darum, so zu tun, als existiere das Gemälde nicht, oder ihm das Recht auf Existenz abzusprechen. Dafür muß man wohl sehr dankbar sein. Das Gemälde existiert seit 1896, und falls Clare Gannaway es sich doch noch anders überlegt: so sieht sie aus, die Szene am Quellteich.
Hylas and the Nymphs stehe repräsentativ für Gemälde, in denen Frauen „either as passive beautiful objects or femmes fatales“ erscheinen würden.
Weiter heißt es: „The removal itself is an artistic act and will feature in a solo show by the artist Sonia Boyce which opens in March.“
Es wird allen Ernstes von mir erwartet, nachzuvollziehen, daß das Entfernen von Kunst ein künstlerischer Akt sei. Dann sind die radikalislamistischen Taliban, die 2001 im Tal von Bamiyan die Buddha-Statuen sprengten, oder der IS, wenn er einen 2000 Jahre alten Baal-Tempel zerstört, ja wohl echte Kunst-Titanen.
„We think it probably will return, yes“, sagt Gannaway. „But hopefully contextualised quite differently. It is not just about that one painting, it is the whole context of the gallery.“
Es soll also eine Debatte darüber angeregt werden, „how such images should be displayed in the modern age“. Ich würde sagen, auch in der bis vor kurzem noch halbwegs zurecht so genannten Moderne: an möglichst guten Nägeln.
„Rekontextualisierung“ bedeutet hier, daß mir vorgeschrieben wird, wie ich zu intepretieren habe; mir wird vorgeschrieben, was ich denken soll.
Kunst zu entfernen aus ideologischen Gründen oder als Entgleisung völlig irregeleiteter PC ist genau das: Zensur. Es gibt keine Debatte über ein Bild, das nicht mehr da ist, es gibt nur eine Debatte über den barbarischen Akt des Entfernens. Ein Bild von 1896 soll im gegenwärtigen Klima unpassend und unzumutbar für den Museums-Besucher sein: wie hat es der Neopuritanismus geschafft, Bilderstürmerei als cool zu verkaufen? Schöne Neue Welt, viktorianischer als die Viktorianer. Machen wir uns nichts vor, das Zeitalter der Aufklärung geht zuende. Das tägliche Feuerwerk der neuen Prüderie ist beängstigend, und daß der Feminismus hier in vorderster Front mitspielt, ist erschütternd. Lisa Eckhart hat recht.
Camille Paglia übrigens auch:
„Second-wave feminism went off the rails when it was totally unable to deal with erotic imagery, which has been a central feature of the entire history of Western art ever since Greek nudes.“
Mary „Slasher“ Richardson attackierte 1914 in der National Gallery die Venus von Velázquez mit einem Fleischerbeil und erklärte ihren Anschlag auf die Schönheit damit, daß Mrs Emmeline Pankhurst viel schöner sei. Später wurde Mary Richardson führendes Mitglied bei Mosleys Faschisten.