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Musik

Eagles of Death Metal, Hamburg 13.07.2023

Eagles of Death Metal, Markthalle Hamburg 13.07.2023, Jesse Hughes, Jennie Vee.

Wenn man Jesse Hughes auf Instagram folgt, ist einem die Mitteilung wohlvertraut: „fatherbadass hat ein Live-Video gestartet.“ In der Nacht vor dem Konzert erzählt er uns beim Spaziergang durch St. Pauli („I’m gonna get an apartment right above the Sexy Angel Shop!“), wie sehr ihn die Stolpersteine bewegt haben, die in den Boden verlegten kleinen Gedenktafeln aus Messing („Hier wohnte…), die an das Schicksal von Menschen erinnern, die von den Nazis verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. „Deeply moved by those markers“ nimmt er sich ein Gebet vor für den nächsten Morgen.

Ein Konzert der Eagles of Death Metal ist immer auch Gottesdienst, Göttinnendienst vielmehr, widmet er doch ausdrücklich jeden einzelnen Song seines gesamten Oeuvres den Damen. „It’s astounding / Time is fleeting / Madness takes its toll“, die Lichter gehen aus für „Time Warp“ aus der Rocky Horror Picture Show, Jesse betritt die Bühne in einem roten Glitzercape aus seiner Kollektion von Capes, das er für den Opener „Got A Woman“ ablegt, der Show-Hase braucht maximale Bewegungsfreiheit. Song 2:

Es folgt „Don’t Speak (I Came To Make A Bang)“, nach „Anything *Cept The Truth“ kümmert sich Jesse kurz mit inniger Umarmung um das Wohlbefinden von Jennie Vee, dann wieder um uns: „This ain’t fucking Hollywood, how is everybody doin‘ tonight?! Amen! Do we love the Ladies?“ Hohe Zustimmungswerte, „That’s right! And that is why I wrote this next song!“ Das ist dann „Complexity“. Hernach erzählt er euphorisch die Geschichte, wie „this amazing beautiful drummer“, es ist Leah Bluestein, zu den Eagles of Death Metal kam, das war nämlich so, daß Jesse zwischen einer Reihe von Steinstatuen irgendwelche ungezogenen Dinge tat, und er sich wünschte, „my God, if only this beautiful statue could be a real girl!“, und irgendeine Blue Fairy erledigte das dann. „Can you dig it, amen!“ Genau so war das nämlich. „Silverlake“ von „Zipper Down“, das Haus singt den „Don’t you know who I am“-Chorus mit.

Dann „Heart On“, nach „Secret Plans“ kommen abwechselnd hoch- und tieftönige Antworten auf wiederholte „Ladies, how you doin‘ tonight!“ – „Boys, how you doin‘!“ – „Ladies!“ – „Boys!“, das anschließende „Cherry Cola“ ist dann wieder ausdrücklich den Ladies gewidmet, „just like every song we’ve played before and every song that follows!“

„Flames Go Higher“, dann das wunderschöne „Now I’m A Fool“, auch von „Heart On“, für das der Gitarrist Scott Shiflett, ebenfalls neu in der Band (Bruder des Foo Fighters), ein exquisites Solo beisteuert.

Jesse Hughes kennt ein paar Höllen, von denen wir wissen, und wahrscheinlich noch ein paar Höllen, von denen wir nicht wissen. Keine andere Band hat je erlebt, was er mit seiner Band im November 2015 im Pariser Bataclan erleben mußte. Die Eingangskontrollen in der Markthalle waren besonders sorgfältig, und wir hörten einen der Securityleute sagen, das müsse man verstehen bei dieser Band. Nicht, daß die Traumata enden würden: Jesses Herzensdame Tuesday Cross ist aus einem Koma erwacht, following an asthma attack that sent her into cardiac arrest. Ein Hirnschaden war die Folge, und Jesse ist glücklich über jeden Moment, in dem sie ihn zu erkennen scheint. Die Menschen, die ihren langen, schweren Weg aus dem Dunkel begleiten, nennt er Tuesday’s Army.

Er hätte jeden Grund, Gott einfach in die Gosse zu treten und das Schicksal zu verfluchen, aber – he cares about people. Jesse Hughes ist ein Mann ohne Arg. Und er verliert nicht für eine Sekunde die Dankbarkeit dafür, tun zu dürfen, was er hier heute abend auf dieser Bühne tut. „The greatest joy in my life is to entertain you, my friends!“

Und dann stellt er die atemberaubende Jennie Vee vor mit: „We’ve got the Queen of Rock’n’Roll herself!“, und der roar für die Betörende ist so groß, daß man von ihren Lippen ein „Oh my God!“ lesen kann.

„I Want You So Hard (Boy’s Bad News)“ und „Whorehoppin‘ (Shit, Goddamn)“, „I don’t think I’m wrong when I say this is probably the best fucking crowd of the tour so far“, Frau Vee, die Angetraute des glücklichen Slim Jim Phantom (Stray Cat), signalisiert Zustimmung, Jesse traut man zu, daß er das in jeder Stadt erklärt und es in jeder Stadt genau so meint, aber Hamburg ist nun mal immer the best fucking crowd of the tour so far. „Dös is faktisch“, wie Joseph Roth sagte. „I Love You All The Time“, dann spricht er plötzlich erstaunlich gutes Deutsch, „Unsere Freunde! Es tut mir leid, ich bin nicht gut Deutsch sprechen, ich bin ein bißchen behindert“, aber sein Lieblingswort aller Sprachen dieser Erde sei ein deutsches: Muschikatze. Damit ist endgültig alles allen Muschikatzen gewidmet, und weil David Bowie den Song für jeden einzelnen, der hier ist, geschrieben hat, beschließt „Moonage Daydream“ das Set – das Gitarrensolo von Mr. Shiflett hat den Segen von Mick Ronson.

Vor der Zugabe erklärt Jesse, „We’re having the time of our lives, if you can’t see it, you can’t see nuthin‘!“ Die Zugabe ist dann „Speaking In Tongues“, including Jesses Auftauchen im Zuschauerraum, von wo aus er sich ein Gitarrenduell mit Shiflett liefert, Jennie Vee mit einer Kurzfassung von „Ace Of Spades“, und Jesses Kniefall vor ihr mit Handkuß.

Ace of Spades

Eigentlich war noch geplant, daß alle anwesenden Boys kurz vor Jennie Vee in die Knie gehen, aber dann ist doch Schluß. Jesse läßt offenbar jedes Konzert filmen, auch die Momente davor und danach, und so erfahren wir, daß Jennie Vee vor der Show noch unter Kopfweh litt, was die besorgte Umarmung auf der Bühne erklärt, aber das Steinbockmädchen kann noch so ätherisch sein, es ist tougher als der Rest und hat einfach grundsätzlich nach ein paar Takten die Malaisen weggeblasen.

Und wir können Jesse direkt nach dem Auftritt hinter der Bühne hören: „That was fucking killer tonight!“

Eagles of Death Metal, Markthalle Hamburg 13.07.2023, Jesse Hughes, Jennie Vee.
Eagles of Death Metal, Markthalle Hamburg 13.07.2023, Jesse Hughes, Jennie Vee.
Eagles of Death Metal, Markthalle Hamburg 13.07.2023, Jesse Hughes, Jennie Vee.
Eagles of Death Metal, Markthalle Hamburg 13.07.2023, Jesse Hughes, Jennie Vee.
Eagles of Death Metal, Markthalle Hamburg 13.07.2023, Jesse Hughes, Jennie Vee.
Eagles of Death Metal, Markthalle Hamburg 13.07.2023, Jesse Hughes, Jennie Vee.

Versorgungspunkt STAGE LEFT Jennie Vee:

Eagles of Death Metal, Markthalle Hamburg 13.07.2023.
Eagles of Death Metal, Markthalle Hamburg 13.07.2023.
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