„When people talk about how good other guitarists are, they are talking about how they play within the accepted structures of contemporary guitar playing, which Pagey plays miles outside of. He plays from somewhere else. I like to think of it as… a little left of heaven.“ — Robert Plant
SPIEGEL ONLINE Forum
„Led Zeppelin – vielversprechendes Comeback?“
13.09.2007
Christian Erdmann [Aljoscha der Idiot]:
LEIHT MIR MAL JEMAND 183 EURO?
Crot:
Mir bitte auch? Die Seite ist aber eh am Zusammenbrechen, wie’s scheint.
14.09.2007
dr_klaus_martin_schulte:
… wer hingegen brillante Musiker erwartet, die angesichts ihres Alters noch einmal das Beste geben wollen, für den sehe ich gute Chancen – viele der Auftritte von Page und Plant in den 90ern haben gezeigt, dass sie eine solche Angelegenheit ernst nehmen und sicherlich viel proben werden, um sich angesichts ihres legendären Rufs nicht zu blamieren. Ich jedenfalls bin zuversichtlich und würde den hohen Preis sofort zahlen.
Christian Erdmann:
Zumal sie sogar zu verhindern wußten, daß ihr 1985 spektakulär verunglückter Live Aid-Auftritt auf der DVD erschien. Wenn sie jetzt nicht 100% sicher wären, daß sie ihren Mythos musikalisch im Griff haben, würden sie es nicht machen.
IsArenas:
War er denn verunglückt? Meines Wissens war das vor allem Plants und Pages eigenes Urteil.
Christian Erdmann:
Und welchem sollte man sonst trauen? Schließlich sind Plant und Page bei allem, was sie entfesselt haben, immer Perfektionisten gewesen.
Der Auftritt überragt vieles andere, was an dem Tag zu hören war, schon deshalb, weil er stattfand. An Led Zeppelin-Maßstäben gemessen aber war er schlecht. Das Beste ist eigentlich der Moment, in dem das JFK-Stadion explodiert, weil Mister Robert Plant, Mister Jimmy Page, Mister John Paul Jones angekündigt werden.
Keine Proben, die Gitarren verstimmt, Plant nicht wirklich auf der Höhe und Page neben der Spur, im Zentrum des Problems aber saß Phil Collins. Genaugenommen ist der eigentlich immer ein Problem: Langeweile ist konterrevolutionär.
Crot:
Außerdem zeigt Jason einen ähnlichen Stil wie sein Vater und wird auch emotional der Band sehr nahe stehen und auch von daher sicher gut mit ihr harmonieren.
Christian Erdmann:
Sieht so aus, als wäre Jason ein wichtiger Faktor gewesen; von jimmypageonline.com:
Concert promoter Harvey Goldsmith said that he had originally asked Page, Plant and Jones to consider reuniting to play a 30-minute set as part of a gala concert. After several weeks of discussions the band finally assembled in a rehearsal studio on the outskirts of London in June to see if they could still play together. After a week of rehearsals, Zeppelin announced to Goldsmith that they would be willing and able to perform a full two-hour set. „Jason Bonham became part of the catalyst, and they did a week’s rehearsal,“ said Goldsmith. „We had a meeting and Robert turned around and said we’re not going to do 30 minutes, we’re going to do a whole set.“ Goldsmith added „They’re going to play all the great songs that everybody wants to hear. They are the last great rock gods that remain to be seen.“
16.09.2007
Celestine:
Ich war ein Led Zeppelin-Fan, aber der Preis ist einfach exorbitant…
Christian Erdmann:
Der Preis ist exorbitant, eigentlich lachhaft – aber das ist es ja gerade: ich würde das Geld investieren. Allein, derzeit ist die Ticketnachfrage so groß, daß Led Zeppelin das Wembley-Stadion 57 Wochen lang jeden Abend ausverkaufen würden. Die Welt will, daß die Olympgötter noch unter uns sind.
Zu den Spezies auf diesem Planeten, die ich nicht für überbezahlt halte, zählen Künstler – Künstler dieses Schlages erst recht.
Man kann ja vieles mit Led Zeppelin-Platten machen… eine Sache ist, einfach nur auf das zu achten, was Jimmy Page da treibt. Hypnotisches Riff 1, hypnotisches Riff 2, dann produziert er ein paar zuvor ungehörte Effekte, dann legt er Schicht über Schicht, Kaskaden von Klängen, dann wechselt er das Tuning, dann wechselt er die Tapete, dann kehrt er das Echo um, dann führt er dich in den Saal, wo die Prinzessin ruht, dann kommt brillantes Solo 1, dann gibt er kurz Aleister Crowley die Hand, dann mischt er Riff und Solo und den Teufel, dann noch eine Gitarre für brillantes Solo 2, dann noch eine Gitarre für eine Passage, deren Schönheit man gerade noch begreift, dann noch eine Gitarre für eine Passage, deren Schönheit unbegreiflich ist, zu diesem Zeitpunkt hat er bereits acht Arme und zwei Köpfe, und jedes einzelne Riff und jedes einzelne Solo ist magisch, und er ist dabei nie, entschuldigen Sie, ein Wichser; alles ist glitzernde, leuchtende Textur, unglaublich und goldrichtig, Soundgewebe so full of longing, und so sexy, daß du… und das war nur der erste Song.
Bei „No Quarter“, diesem ziemlich unheimlichen Song, bestimmt ja eigentlich John Paul Jones erstmal die Atmosphäre, aber nach 4 Minuten erschaffen die Gitarren von Page drei verschiedene Ebenen, eine davon klingt wie der langgezogene Schrei eines prähistorischen Riesenvogels. Ein 3-bändiges Tolkien-Werk in diesem Klang, wenn Sie mich fragen.
Was Page für die Musikgeschichte geleistet hat, ist noch nichtmal ansatzweise gewürdigt.
Das einzige, was mich beunruhigt, ist die Frage, ob die Architekten der O2-Arena bedacht haben, daß einmal der Moment kommen wird, in dem Jimmy Page da drin die ersten Töne von „Stairway To Heaven“ spielt.
Celestine:
Hallo Aljoscha,
ich verdanke ihrer Musik einige der schönsten Momente meiner ganzen Jugend. Auch ich fand sie genial und phänomenal. Danach habe ich sie nur selten gehört, aber jedes Mal war es das gleiche Gefühl wie damals – ein absoluter Musikgenuss.
Gwynplaine:
Zitat von Aljoscha der Idiot
[…] was Jimmy Page da treibt […]
Schöne Hymne an einen Magier.
Trotzdem, richtig schätzen lernte ich Led Zeppelin erst mit „Houses Of The Holy“, aber vor allem mit „Physical Graffiti“, eine wunderbare Scheibe, trotz „Stairway To Heaven“ das Beste! „Kashmir“, „In The Light“ „Bron-Yr-Aur“, „Down By The Seaside“, „Ten Years Gone“ u.a. sind so schön und außerweltlich, dass es sich verbietet, einen Jimmy Page mit technischen Maßstäben zu messen. Er ist kein Virtuose, sondern ein Visionär, ein Maler, ein Weltenerschaffer, also doch ein Virtuose. :)
Christian Erdmann:
Geht mir ähnlich, ich halte „Kashmir“ für einen der besten Songs aller Zeiten. Interessiert jetzt keinen, aber als ich den zum ersten Mal hörte, stand ich 8 Minuten in religiöser Ehrfurcht mitten im Zimmer, weil ich es nicht glauben konnte. :)
BerSie:
Ja, mir gings genauso… aber erst bei der 90er Jahre Fassung! No Quarter ist sicher die CD, die ich in den letzten fünfzehn Jahren am häufigsten gehört habe!
Christian Erdmann:
Unfaßbare Version von „Kashmir“ – wie die Hossam Ramzy-Combo das am Ende nach jedem Riff noch weiterträgt: > blows me away.
17.09.2007
l.augenstein:
Glauben Sie das mit den 20 Millionen potentiellen Kartenkäufern wirklich? Ich könnte mir auch vorstellen, dass der Veranstalter so versucht, einen Hype daraus zu machen, um die heillos überteuerten Karten zu rechtfertigen. Vermutlich brauchen die Zeppeline auch eine Finanzspritze und wollen damit den CD-Verkauf wieder pushen!
Christian Erdmann:
Die brauchen kein Geld. Festgestellter Vermögensstand April 2007: Robert Plant 70 Millionen Pfund, Jimmy Page 70 Millionen Pfund. Die Band hat 300 Millionen Alben verkauft, allein seit 1990 über 20 Millionen, ein Drittel davon geht an Fans unter 25 Jahren. Aber Ihre Zweifel an den 20 Millionen Registrierten sind schon berechtigt: mittlerweile sind es 25 Millionen. :)
paparatzi:
Zitat von Aljoscha der Idiot
… ich halte „Kashmir“ für einen der besten Songs aller Zeiten. Interessiert jetzt keinen, aber als ich den zum ersten Mal hörte, stand ich 8 Minuten in religiöser Ehrfurcht mitten im Zimmer, weil ich es nicht glauben konnte. :)
Doch, interessiert schon, sehr sogar, wenn es Anderen ähnlich ging :))
Genau diese Inspiration fehlt bei heutigen Interpreten. Liegt es am Kommerz, an der Ideenlosigkeit?
Christian Erdmann:
Es ist auch eine bestimmte Form des kreativen Chaos sehr selten geworden. Wenn man bedenkt, wie z.B. Led Zeppelin IV aufgenommen wurde, und damals zog man in irgendein altes Gemäuer für solche Sachen. :)
Nun ist John Bonham ja fraglos nicht ersetzbar, sein Sound unerreicht. Und auch unerklärlich. Ich denke, sein rechter Fuß war aus Adamant.
Jedenfalls, auch da war Page Teil der Magie – für „When The Levee Breaks“ hat er Bonham ja in die Halle des besagten Altbaus gesetzt, und ein Stereomikrofon eine oder zwei Etagen höher aufgehängt, nach der Maxime: distance equals depth. Dabei kam dann diese Sound-Dimension heraus, die Page „ambience“ nannte.
Jeder Led Zeppelin-Song ist randvoll mit magischen Dingen, die in heutigen Studioproduktionen kaum mehr auftauchen. Und das geht von der wagemutigen Virtuosität von drei Musikern und einem Sänger bis zu diesem Bandknistern vor „Immigrant Song“, oder dem Gitarrenwarmmachgewische vor „Black Dog“, das integral zur Stimmung des Songs gehört. :)
l.augenstein:
@Aljoscha: Freut mich ungemein, wenn’s den alten Haudegen finanziell so gut geht. Ich darf Ihnen versichern, dass ich mir Stücke wie BRON-YR-AUR auch heute noch sehr gerne anhöre und spiele!
Christian Erdmann:
Zitat von l.augenstein
Ich darf Ihnen versichern, dass ich mir Stücke wie BRON-YR-AUR…
… erklären kann? Können Sie’s mir erklären? Ich meine, genau dieses Stück wäre mal ein lohnendes Studienobjekt: 9 von 10 spielen das so runter, und es klingt wie Wandertag. Der zehnte ist Jimmy Page. :)
18.09.2007
Christian Erdmann:
Einzigartig an Led Zeppelin auch die Chemie zwischen den Bandmitgliedern. Und die Art, wie man Charisma hören kann, auf jeder Aufnahme.
Der Moment, in dem John Bonham bei „Misty Mountain Hop“ einsetzt, läßt einen denken, der trommelt da mit Bahnschranken.
Unfaßbar, wie Bonham das mit, eben, four sticks durchhaut, und Page möchte man einfach nur den Gitarrenhals küssen.
l.augenstein:
Und wenn Sie mich fragen hat sich Page bei Bron-Yr-Aur in eine Art Trancezustand gespielt…
19.09.2007
Gwynplaine:
Zu „Bron-Yr-Aur“: das mit dem Trancezustand halte ich nicht für unwahrscheinlich, denn das Stück hat einst mich in einen Trancezustand versetzt. Ich denke, das Stück ist geeignet, jeden zu hypnotisieren, der es hört.
thedirtydozen:
Tschuldigung, ich hab keine Ahnung und bin jetzt auch zu faul, alles nachzulesen: Wer soll denn bei der Reunion an den Drums sitzen? Mein Wunschkandidat wäre, wie sollte es anders sein, Dave Grohl. Ich glaube, der wäre einer der Wenigen, die tatsächlich den Geist und die Wucht John Bonhams wiederaufleben lassen könnten.
Christian Erdmann:
Grohl pausiert von Omnipräsenz. Jason Bonham – ich denke, für den „Geist“ des Konzerts ist das schon die richtige Entscheidung. Plant, Page, Jones, Bonham: Jasons Hauptaufgabe ist es wohl, den Mythos zu repräsentieren. Über seine Technik weiß ich nichts, aber das für Led Zeppelin-Songs grundsätzlich Unabdingbare übt er doch eh seit 100 Jahren.
26.09.2007
Yeti:
Zitat von Aljoscha der Idiot
Ich denke, sein rechter Fuß war aus Adamant.
Wahrscheinlich. Aber die Bassdrum wurde auch ziemlich heftig abgemischt. Auf vielen Studio-Aufnahmen hört man immer wieder das Quieksen der Pedal-Mechanik.
Jedenfalls, auch da war Page Teil der Magie…
Auch das, auf jeden Fall. Seit ich als Jugendlicher vor 25 (?) Jahren das erste Mal das Video von „The Song Remains The Same“ gesehen habe, bin ich überzeugt davon, der hat einen Deal mit dem Teufel gemacht. Mindestens. Evtl. ist er’s sogar selbst :-)
Haben Sie sich mal Pages Finger angesehen? Deren untere zwei Glieder sind länger als meine ganze Hand!
Christian Erdmann:
Auf „Black Country Woman“ klingt Bonhams Einsatz mit der Bassdrum nach anderthalb Minuten so, als würde irgendein Koloß von der Heilsarmee mit einer 2-Meter-Durchmesser-Pauke durchmarschieren.
Plants Stimme – ich meine, so wie auf „The Wanton Song“ kann eine menschliche Stimme ohnehin kaum klingen. Aber die Art, wie sie bei „Hats Off To (Roy) Harper“ noch durch diesen Vibrato-Amp gefiltert wird – schaurig genial. Page war ja in den 60ern sozusagen Studio-Inventar, mit allen Wassern gewaschen. Aber die Trickkiste, die er dann selbst als Produzent aufgemacht hat, ist einzigartig.
Seit ich als Jugendlicher vor 25 (?) Jahren das erste Mal das Video von „The Song Remains The Same“ gesehen habe, bin ich überzeugt davon, der hat einen Deal mit dem Teufel gemacht. Mindestens. Evtl. ist er’s sogar selbst :-)
Die Art, wie er sich auf der Bühne bewegte, hat mich bei dem Film auch unendlich fasziniert… wenn dem mal nicht die Glieder vom Second Revelator verrenkt wurden! :) Hatte immer schon (Lederstrumpf-Chingachgook-Schema) ein Faible für den dark sidekick, den zweiten Mann, der eigentlich der erste ist.
Diese unberechenbare Feingliedrigkeit wirkte dann spätestens mit Knebworth, wo er ja nur noch ein Rohr im Wind war, natürlich schon unheilvoll, wenn man das heute sieht, hat man schon das Gefühl, das konnte nicht mehr lange gutgehen.
29.11.2007
BerSie:
Das Konzert wurde übrigens auf den 10. Dezember verschoben! Page hat sich einen Finger gebrochen.
10.12.2007
flonaldo73:
Hat jemand von Euch etwas hinsichtlich einer Live-Übertragung der heutigen Led Zeppelin-Reunion im Radio/Internet, etc. vernommen?
Wer kann behilflich sein??? Wäre zumindest gerne mit einem Ohr in London dabei.
Christian Erdmann:
Akustisch gibt es da sicher nichts… nme.com hat als „live coverage“ einen „Song-Blog“. Überraschend vielleicht, was Page sagt:
Continuing to fuel speculation, Jimmy Page told Britain’s Q magazine that he wants the Zeppelin reunion to continue beyond next week’s London show, and is even willing to consider using the new music he’s been stockpiling as the basis for a new Zeppelin album.
Jones sagt, die Tür dafür sei wahrscheinlich halb offen. Das heißt wahrscheinlich, Plant hält sie halb zu.
11.12.2007
Leondavid:
Hallo zusammen,
komme gerade aus London und bin noch immer high. Ich war gestern abend mit meiner Frau auf dem Konzert und kann nur Gutes berichten. Es war eine Wiederauferstehung.
Die Band ist sensationell stark und braucht sich vor niemandem zu verstecken. Seit 33 Jahren gehe ich zu Rock-Konzerten und bin noch NIE so weggeblasen worden. Nach schon gutem Anfang trotz Abstimmungsproblemen mit der Technik steigerte sich die Band unaufhörlich von Song zu Song ohne einen Aussetzer. Eine solche dichte Live-Atmosphäre habe ich noch nie erlebt. Und den Jungs hat es nach etwa einem Drittel der Songs auch richtig Spaß gemacht. Als sie lockerer wurden, war sie wieder da, diese legendäre Urgewalt. Sie hatten aber auch einen guten Ruf zu verlieren. So viele glückliche Gesichter mit Tränen in den Augen habe ich noch nie gesehen. Und ich meine nicht Rockopis mit Bierbäuchen und Glatzen, sondern sehr viele junge Leute, die alle durch diesen Zeittunnel mitgerissen wurden.
Christian Erdmann:
Man hätte es ja schon als Erfolg werten können, wenn Led Zeppelin gestern nicht ihren eigenen Mythos zerstört hätten, ich fand es schon ziemlich bold, anzutreten unter diesem übergroßen Schatten, den das Luftschiff wirft. Offenbar haben sie aber selbst diejenigen, die vielleicht schon die Feder ins Gift getaucht hatten, sprachlos gemacht. Rückwärtsgewandt ist also dann eigentlich vor allem die Vorstellung, es gehe hier um „Revival“. Was gut ist, wirklich gut, kann gar nicht genug Kontinuität haben.
Daß Robert Plant mit knapp 60 nicht mehr die Tonlage sexueller Hysterie trifft wie in den 70ern, ist doch wohl klar. Trotzdem hat er es offenbar geschafft, die Led Zeppelin-Sänger-Persona wieder aufzugreifen, weiterzuentwickeln und in die Magie zu integrieren.
canUCme:
Tja, manche Leute werden auch noch am Himmel was auszusetzen haben.
Es erscheint mir manchmal so, als wäre die junge Generation etwas neidisch auf die alten Herren. In der Tat wird es keine Gruppe der letzten zwanzig Jahre fertig bringen, 27 Jahre nach ihrer Auflösung über 20 Millionen Interessenten für ein Konzert zu mobilisieren. Diese ganze Musikalität, die Mystik, das Phänomen, als Gruppe von Solisten banddienlich zusammenzuspielen: Das wird es in dieser Ausprägung so schnell nicht wieder geben.
Aber das allein erklärt den Ruhm von Zeppelin noch nicht. Von Pages Musikersuche Ende 1967, über die Wahl eines kompetenten Managements, über den Plattendeal mit Atlantic (ohne Demo-Aufnahmen!) bis zu den Mega-Touren mit Privatjet und riesigem technischem Aufwand: Alles erscheint rückwirkend zusammenzupassen, eine einzige aufsteigende Linie. Selbst die nie gekannte Konsequenz einer Rockgruppe, ohne ihren Schlagzeuger nicht weiterzumachen, zeigt die gleiche Größe wie alles andere.
Led Zeppelin-Platten konnte man allein auf seinem Zimmer hören, sich in die Musik vertiefen und tags darauf auf einer Fete ekstatisch dazu tanzen. Stücke wie „Kashmir“ oder „Achilles Last Stand“ hatten etwas Hypnotisches und kondensierten die Träume und Gefühle einer ganzen Generation. Das Verblüffende ist eben, dass dies auch heute noch funktioniert. Wann hat man Leute aus aller Welt das letzte Mal so euphorisch und überwältigt aus einem Rockkonzert kommen sehen wie gestern Abend?
Hats off!
12.12.2007
Christian Erdmann:
Dieser Moment, wenn vor einem Konzert die Lichter ausgehen, ist ja jedes Mal ein ekstatischer, aber nachdem ich das geniale Intro aus der O2-Arena gesehen habe, dachte ich, wohl ganz gut, daß ich nicht da war. Ich glaube, ich wäre komplett durchgeknallt, mir wären Flügel aus den Schultern gepoppt oder so.
16.12.2007
Yeti:
Zitat von Aljoscha der Idiot
Was gut ist, wirklich gut, kann gar nicht genug Kontinuität haben.
Amen! Aljoscha, Sie sind ein wahrlich weiser „Idiot“!
mahrud:
Die Fragestellung „Led Zeppelin – vielversprechendes Comeback?“ geht meines Erachtens durchaus weit über die Frage einer richtigen Wiedervereinigung von Led Zeppelin hinaus.
Was hat es zu bedeuten, wenn sich mehr und mehr alte Könner eindrucksvoll zurückmelden? Alle diese Musiker stehen für eine Kontinuität, nicht nur ihrer eigenen Person, sondern einer musikalischen Ära, die Teil des Welt-Kulturerbes geworden ist und vermutlich einmal den gleichen Rang einnehmen wird wie heute Klassische Musik. Die Reaktion der Öffentlichkeit geht dabei deutlich über reine Sentimentalität hinaus. Trotz allen Mainstreams gibt es offenbar ein allgemeines Bedürfnis nach der Art, wie vor 40 Jahren Musik gemacht wurde. Vielleicht sehnt man sich nach mehr Authentizität und instrumentaler Virtuosität.
Christian Erdmann:
Vorgestern las ich den Blog der Tagesthemen-Redaktion, in dem publik gemacht wurde, wie innerhalb der Redaktion gestritten wurde, ob der Bericht vom O2-Konzert nun in die Sendung gehöre oder nicht. Seltsame Frage, bei 20 Millionen Ticket-Anfragen und angesichts der Tatsache etwa, daß der „Song-für-Song-Blog“ auf der Online-Präsenz der renommierten Musikzeitschrift, nme.com, zusammenbrach, weil Menschen rund um den Globus die Tracklist in Echtzeit zu wissen begehrten; seltsame Frage also, die ich in Ihrem Sinne beantwortet habe: die Musik von Led Zeppelin ist zeitgenössische Klassik.
Wichtig auch Ihr Punkt: eine Reaktion, die deutlich über Sentimentalität hinausgeht. Man kann die Rede von „Epiphanie“ auch der leicht ironischen Ebene entziehen und einfach zu den von Ihnen formulierten Sehnsüchten diejenige nach „Charisma“ addieren – nach echtem, nicht nach dem, was in unzähligen Shows voller Künstlichkeit, Epigonentum oder verblüffender Talentlosigkeit als „Star“ verkauft wird.
Davon abgesehen wird die Musik von Led Zeppelin ja ständig von neuen Generationen entdeckt, und natürlich nicht nur die; in das online-Kondolenzbuch für Joe Strummer trugen sich viele Unter-20-Jährige ein, mit dem Tenor: was soll ich mit Green Day, wenn es The Clash gab.
Bzw: gibt. Genau das ist der Punkt.
(Und „London Calling“ ist ja auch der Grund, warum man die taz nicht lesen muß. :) Ernsthaft: der lausigste Kommentar zur Led Zeppelin-Reunion [vor dem Konzert] kam von der taz.)
Led Zeppelin waren immer da und werden immer da sein, als einzigartige Facette in diesem ziemlich großen Ding namens Universum, in dem es unzählige hinreißende Facetten gibt: was Placebo können, kann sonst keiner. Aber jetzt wissen wir halt wieder: was Led Zeppelin konnten, konnte ganz besonders sonst keiner.
22.04.2008
Nachtschwester Ingeborg:
Na ja, ich würde mal sagen, das ist klar geklaut, genauso wie der Song „Whole Lotta Love“, der sich verdammt nach dem Song „You Need Love“ von Muddy Waters anhört.
Christian Erdmann:
Für das vielgelobte Riff von „Seven Nation Army“ könnte sicher auch irgendein schwarzer Bluesmusiker das Haus von Jack White heimsuchen, aber ich schätze, er würde sagen: ich segne dich, mein Junge.
Pnin:
Naja, bei Dazed and Confused ist es schon arg offensichtlich. Tut dem Lied selbst aber ja keinen Abbruch :)
Christian Erdmann:
Die Diskussion darüber, ob die beiden nicht überhaupt recht unbekümmert mit „Page / Plant“ gezeichnet haben, ist ja nicht neu. Aber ehrlich, die haben Versatzstücke so sehr zu their own gemacht und etwas so vollkommen Anderes, Einzigartiges daraus erschaffen, das ist für mich niemals ein „Plagiat“.
Derart einzigartig actually, daß mir kein sinnvolles Cover eines Led Zeppelin-Songs einfällt. Die haben einfach diese rätselhaften Pyramiden in die Musikgeschichte gesetzt, zackzackzack, eine nach der anderen, und man kann sich höchstens den Kopf dran stoßen.
Anhang: Kommentarsektion Antirationalistischer Block
29.03.2013
ray05:
Ja, Physical Graffiti. Hatte die Doppel-LP. Wenn ich sie denn mal durchhörte, was selten genug vorkam, konnte ich lange Zeit nichts anderes mehr hören. Das Zeugs kam wie ein Eisbrecher daher, oder wie ’ne Walze, die einem viel Mittelmäßiges einfach so auslöschte im Kopf. Man fing dann wieder bei 0 an, gewissermaßen, aber 0 auf einem höheren Level. :)
Christian Erdmann:
Dieser Nachmittag, als ich Physical Graffiti nach Hause brachte, – die vier Wände meines Zimmers brachen einfach so weg, und man stand in Houses of the Holy, seitdem. „From the door comes Satan’s daughter“, ah, ok, herein. :) An meiner Schule gab es ein bezauberndes Mädchen, eines Tages fragte ich sie, ob sie Led Zeppelin mag. „Manchmal sehr“, sagte sie, „und manchmal bekomme ich von der Musik Kopfschmerzen.“
Weiß nicht, welche andere Band es schafft, noch bei der 100sten deiner Lebensphasen, in der du komplett eintauchst in diese Musik, so completely mind-blowing zu sein? David Lynch: „Sex is a doorway to something so powerful and mystical“. Jimmy Page wußte das. Darum klingt er so, wie er klingt.
Hörte gerade IV; „Black Dog“, winding riff and complex rhythm changes, John Paul Jones über seinen Basspart: „I wanted it to turn back on itself. We struggled with the turn-around, until Bonham figured out that you just four-time as if there’s no turn-around. That was the secret.“
Da kann man als 16jährige schon Kopfschmerzen bekommen. :)
But when I whispered in her ear, I lost another friend
It was an April morning when they told us we should go