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Today's Best Song Ever

Today’s Best Song Ever: The Velvet Underground – All Tomorrow’s Parties

Today's Best Song Ever: The Velvet Underground - All Tomorrow's Parties. Von Christian Erdmann. Bild: Nico.

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Today’s Best Song Ever: Fairport Convention – She Moves Through The Fair

Today's Best Song Ever: Fairport Convention - She Moves Through The Fair.
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Today’s Best Song Ever: Ike & Tina Turner – River Deep, Mountain High

Ike & Tina Turner - River Deep, Mountain High. "Today's Best Song Ever" von Christian Erdmann.

River Deep, Mountain High @Beat-Club

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Today’s Best Song Ever: Siouxsie & The Banshees – Dazzle

Today's Best Song Ever: Siouxsie & The Banshees - Dazzle. Von Christian Erdmann.
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Today’s Best Song Ever

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Today’s Best Song Ever: Elvis Costello – Broken

Christian Erdmann, Today's Best Song Ever 017: Elvis Costello - Broken. Bild: Edvard Munch, Young Woman On The Beach.

017

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Today’s Best Song Ever: Garbage – Thirteen

Today's Best Song Ever: Garbage - Thirteen. Von Christian Erdmann.
Shirley Manson, Garbage.
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Today’s Best Song Ever: Led Zeppelin – Kashmir

Christian Erdmann, Today's Best Song Ever: Led Zeppelin - Kashmir. Led Zeppelin Logo.
Led Zeppelin, Madison Square Garden.
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Today’s Best Song Ever: David Bowie – Heroes

Today's Best Song Ever: David Bowie - Heroes. Text: Christian Erdmann. Bild: Otto Mueller, Liebespaar zwischen Gartenmauern.

„And we kissed as though nothing could fall“ ist eine der schönsten Zeilen, die man schreiben kann. Und wenn jemand behauptet, „Heroes“ sei „the greatest song ever written and recorded“, widerspreche ich sowieso nicht.

Im Berliner Brücke-Museum hatte Bowie das Gemälde Liebespaar zwischen Gartenmauern von Otto Mueller bewundert. Die Liebenden im leidenschaftlichen Kuss zwischen hohen Mauern, von Mueller 1916 gemalt, versetzt Bowie an die Berliner Mauer, die er im Juli und August 1977 im Hansa Tonstudio 2 durchs Fenster sieht. Von dem Platz, auf dem Produzent Tony Visconti sitzt, blickt man direkt auf einen Wachturm der DDR-Grenztruppen, die, so erzählt Iggy Pop (der hier mit Bowie „Lust For Life“ aufgenommen hatte), gelegentlich ins Studio herunterwinken. Die Legende besagt, daß Bowie durch dieses Fenster ein anderes Liebespaar sieht: Visconti und Antonia Maass, Backgroundsängerin für „Beauty And The Beast“, die sich in der Nähe der Mauer treffen. Visconti und Bowie haben das später bestätigt, Antonia Maass (oder Maaß), von der auch die Lyrics der deutschen Version („Helden“) stammen, meint indes, ihre Affäre mit Visconti hätte noch gar nicht begonnen, als „Heroes“ entstand.

Wie dem auch sei, die Lyrics zu „Heroes“ schreibt Bowie erst, als die Musik schon fertig ist.

Bei den Rehearsals mit Brian Eno überarbeitet Bowie einen Song aus den „Lust For Life“-Sessions, und da das Stück schon in der Rohform eine mitreißende, hymnische Kraft hat, steht „Heroes“ als Titel  früh im Raum. Carlos Alomar, Drummer Dennis Davis, Bassist George Murray sowie Bowie am Motorik-Piano spielen den backing track dann in nur wenigen Stunden ein. Alomars Gitarre verewigt sich in der wiederkehrenden three-part-figure, zum ersten Mal bei „Though nothing will drive them away“. Brian Eno spielt am Synthesizer dunkle Fanfaren, Bowie am ARP verwehte Strings, am Chamberlin fügt er mittels „Brass“-Knopf dem Song noch eine Art Stax-Riff im Mix-Untergrund hinzu. Was durch den Track zieht wie zischelnde Signale aus dem Äther, ist ebenfalls Enos Synthesizer, „its oscillators reduced to a low frequency rate (Visconti estimated five cycles per second) and using a noise filter: the result, Visconti said, was the ’shuddering, chattering effect'“ (1).

Eno: „We did second takes, but they weren’t nearly as good.“

Alles an „Heroes“ ist außergewöhnlich, nicht zuletzt Robert Fripps iconic performance, seine celestial sounds den ganzen Song hindurch. Fripp findet in New York ein Lufthansa-Ticket Erster Klasse nach Berlin im Briefkasten und trifft kurz darauf in den Hansa Studios ein. Auf Coverversionen wird Fripps Part in der Regel mittels E-Bow reproduziert. Fripp selbst erzielt dieses Ostinato dagegen mit sorgfältig kontrolliertem Feedback.

Mit Klebeband markiert er auf dem Studiofußboden die Stellen, von denen aus er in verschiedenen Entfernungen zum Verstärker ein feedback für bestimmte Noten bekommt; während er spielt, bewegt er sich zwischen diesen Markierungen hin und her, sein Gitarrensignal wird zusätzlich durch Enos EMS-Synthesizer geleitet. Auf diese Weise spielt Fripp drei Takes und erzeugt einen Klang, den man mit keinem Pedal der Welt erreicht. Visconti legt diese drei Spuren dann noch übereinander, jeweils die Spur nach vorne mischend, die den heavenly drone perfektioniert.

Den Percussion-Sound, den man ab 2:55 hört, erreicht Visconti, indem er mit einem Drumstick auf eine leere Tape-Dose schlägt. Und als letzter dramaturgischer Geniestreich setzt bei 3:55 noch ein Tamburin ein und verkündet, ab jetzt gibt es kein Halten mehr.

Für Bowies Vocal-Take installiert Visconti drei Mikrofone im Raum: das erste 20 Zentimeter von Bowie entfernt, das zweite in 6 Metern Entfernung und das dritte am anderen Ende des Raumes in 15 Metern Entfernung.

Mikrofone 2 und 3 haben electronic gates. Als Bowie die ersten Strophen des Songs noch verhalten singt, aktivieren sich diese Mikrofone nicht, wir hören nur, wie Bowie in das Mikrofon direkt vor ihm singt. Wenn er lauter zu singen beginnt, öffnet sich Mikrofon 2, und wir hören mehr vom Sound des Raums. Als Bowie immer entfesselter singt, aktiviert sich Mikrofon 3, und wir hören Bowies Stimme mit dem Hall des ganzen Raums. Das bedeutet, Bowie mußte sich am Ende die Seele aus dem Leib singen, damit die Mikrofone 2 und 3 anbleiben.

Reverb kommt also direkt bei der Aufnahme aufs Band: ein organischer Ambient-Effekt, der die Emotion der Performance einfängt. Das, was Visconti die „sonic personality“ nennt, entsteht nicht in endlosen Mix-Sessions, sondern kommt im Aufnahmestudio direkt aufs Band. Mit Pro Tools kann man ganz wunderbare Sachen anstellen, wenn vier Genies wie Bowie, Eno, Visconti und Fripp gerade nicht anwesend sind.

Und die Leidenschaft, mit der Bowie singt, erreicht schließlich eine solche Intensität, daß man am Ende weinen möchte vor Euphorie.

Die Begegnung eines Paares zwischen Mauern, der Kuss im Schatten dieser Mauern als Bild für eine Liebe, deren Bedingungslosigkeit alles übersteht, sogar die eigene Schwäche und Nachlässigkeit („And you, you can be mean / And I, I’ll drink all the time“). Überall sind Mauern, überall sind Feinde, überall sind Bedrohungen, überall ist Mißverstehen und Hass, aber Liebende werden die Überlegenen sein, „Heroes“ist ein Wunschgesang gegen den Wahnsinn, der alles zubetoniert, gegen das Realitätsprinzip, die verzweifelt-phantastische Hysterie, mit der Bowie die letzten Strophen singt, entspricht dem Lachen und Zittern der Frau in Rimbauds Gedicht „Royauté“:

Königtum

An einem schönen Morgen, bei einem äußerst sanften Volk, riefen ein Mann und eine Frau, herrlich anzusehen, auf dem Marktplatz: „Meine Freunde, ich will, daß sie Königin wird!“ „Ich will Königin sein!“ Sie lachte und zitterte. Er sprach zu den Freunden von Offenbarung, überstandener Prüfung. Sie fielen einander wie ohnmächtig in die Arme.

Und wirklich, sie waren König und Königin für einen ganzen Vormittag, da purpurne Behänge die Häuser überzogen, und für einen ganzen Nachmittag, da sie ihre Schritte lenkten in Richtung der Palmengärten. (2)

We can be us. Wir können sie schlagen, alle, die im Weg stehen, müssen verschwinden.

Because we’re lovers, and that is that.

(1) Pushing Ahead Of The Dame Blog

(2) Übersetzung CE, Original:

Royauté

Un beau matin, chez un peuple fort doux, un homme et une femme superbes criaient sur la place publique : „Mes amis, je veux qu’elle soit reine!“ „Je veux être reine!“ Elle riait et tremblait. Il parlait aux amis de révélation, d’épreuve terminée. Ils se pâmaient l’un contre l’autre.

En effet, ils furent rois toute une matinée, où les tentures carminées se relevèrent sur les maisons, et tout l’après-midi, où ils s’avancèrent du côté des jardins de palmes.

Arthur Rimbaud, Sämtliche Dichtungen, Heidelberg 1982, 200.

014

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Today’s Best Song Ever: U2 – New Year’s Day

Today's Best Song Ever: U2 - New Year's Day. Bild: Winternacht von Christian Erdmann.

Mein erstes Semester als Student der Philosophie, ein Logik-Tutorium, bei dem die Tutorin uns „The Annotated Alice“ (In Wonderland / Through The Looking-Glass) empfahl, der Nachmittag, an dem ich „War“ von U2, „Burning From The Inside“ von Bauhaus und Alice nach Hause brachte. Zu „Burning From The Inside“ war ich einem elegant begeisterten Review der VOGUE gefolgt, „War“ wurde lebenswichtig, als ich „New Year’s Day“ im Radio hörte. Mit diesem Song stahlen sie mein Herz.

Dramatik von der ersten Sekunde an, und von der ersten Sekunde an hört man auch, was Brian Eno als my first of impression of U2, and my lasting impression of U2 bezeichnet: a band in the way that very few people are bands.

Vier Menschen, die zusammen etwas erschaffen, das größer ist als alles, was jeder von ihnen mit anderen Musikern oder Sängern erschaffen könnte. Vier Menschen mit einer Art von commitment, von Hingabe, die ihrer musikalischen Mission ihre Einzigartigkeit verleiht. Es ist der Glaube an einen spirit, der keine Unverbindlichkeit kennt und der ihren besten Songs eine Intensität beyond comparison verleiht. The Edge sagt während der Aufnahmen zu „The Unforgettable Fire“: „There’s something that works through us to create in this way.“ U2 machen es sich mit jedem Album aus vielen Gründen schwer, aber es scheint, als hätten sie immer alles verworfen, was die Präsenz des fünften Bandmitglieds vermissen ließ, jenes something that works through us.

Wahrhaftigkeit, Ernsthaftigkeit, Leidenschaft, Sehnsucht, Eindringlichkeit, Wehmut, Euphorie, schiere Energie. Darum geht es bei U2, um Erneuerung von Energie. Um House of Sinn versus mauvaise foi. Um den Energieschub in etwas Wahrhaftiges hinein.

Das Piano, drei Töne und es ist kalt, und vor uns liegt unendliche Weite. Was immer da wartet, „New Year’s Day“ begegnet ihm furchtlos. Der Song ist inspiriert von den Ereignissen in Polen zu Beginn der 80er, ohne spezifische Referenz indes (was ihn zeitlos macht), und er ist zugleich ein Liebeslied, einer von so vielen Songs im U2-Oeuvre, die verschiedene Bedeutungslinien ineinander verweben. Die Stille am Neujahrsmorgen, eine Welt in Weiß und ein Himmel in Blutrot, NOTHING CHANGES ON NEW YEAR’S DAY vs. I WILL BEGIN AGAIN. I WILL BE WITH YOU AGAIN.

„Eine unerhörte Anstrengung steht bevor: Auflehnung gegen die Macht der Bedingung. Gegen die Macht der Ohnmacht. Gegen die Hölle der Situation. Das nicht länger verleugnete Gefühl wartet auf die Tat. Mit Aufruhr das Meer geteilt, Bug der Schmerzen! Mit Liebe durchbrennen, was Haß auslöst. Aufstand gegen das Festsitzen. Von unter der Haut springen die Funken über.“ („Aljoscha der Idiot“, S. 217).

Bono: „It is about having the faith to break through and survive against all odds. Love is a very powerful thing. There’s nothing more radical than two people loving each other.“

„‚New Year’s Day‘ keeps building to impossible musical peaks, with Bono soaring right along with his heart fully exposed at every note.“ (Jim Beviglia, americansongwriter.com).

Building to impossible musical peaks: Edges Gitarre ist unreal, kommt von einem anderen Planeten. Adam Claytons ominös treibende Basslinie basiert auf seinem vergeblichen Versuch, „Fade To Grey“ von Visage zu spielen. Bonos Gesang: Hoffnung, die sich nicht unterdrücken läßt, der Wille zum Widerstand. Bei den Dreharbeiten zum Video sind die vier dann allerdings von den Szenen, bei denen sie knöcheltief im Schnee stehen, derart durchgefroren, daß die vermummten Gestalten, die Pferde durch die Schneelandschaft reiten, tatsächlich von vier schwedischen Mädchen dargestellt werden.

Schnee am Neujahrstag ist selten geworden, aber wenn ich diesen Song höre, ist da Schnee.

013